In der Weltraumantriebstechnik, insbesondere bei Plasmaantrieben für Satelliten, spielt Bornitrid eine immer wichtigere Rolle. Doch was steckt physikalisch dahinter und warum ist Bornitrid so geeignet für den Einsatz im All? Dieser Frage widmen wir in diesem Blogbeitrag ausführlicher.
Im Gegensatz zu chemischen Raketenantrieben, die ihre Energie durch das Verbrennen von Treibstoffen gewinnen, nutzen Satelliten elektrische Antriebe, im Speziellen Plasmaantriebe. Dabei wird ein gasförmiger Treibstoff, häufig Xenon oder Krypton ionisiert, also in positiv geladene Kationen und freie Elektronen getrennt. Diese Ionen werden durch elektrische Felder beschleunigt und erzeugen dabei einen sanften, aber kontinuierlichen Schub. Physikalisch steckt das Prinzip des Hall-Effekts dahinter, der den Bauteilen ihren Namen - Hall-Effekt Thruster - verleiht.
Der Plasmaantrieb ist wegen seiner hohen Effizienz sehr attraktiv für die Antriebstechnik von Satelliten. Er verbraucht weniger Treibstoff als traditionelle Antriebe und kann über lange Zeiträume hinweg konstant Schub liefern, was ihn ideal für Langzeitmissionen macht.
Im Vergleich zu chemischen Antrieben erzeugt ein Hall-Effekt Thruster nur einen geringen Schub. Er ist also nicht für Starts von der Erdoberfläche geeignet, sondern vor allem für den Betrieb im Vakuum des Weltraums. Daher werden die Plasmaantriebe zur Positionierung von Satelliten in der Erdumlaufbahn oder zur Korrektur ihrer Bahn eingesetzt. Sie finden auch Verwendung in Missionen, bei denen Raumsonden zu anderen Planeten geschickt werden, da sie bei interplanetaren Reisen aufgrund ihres hohen spezifischen Impulses Vorteile bieten.
Die Herstellung und Wartung dieser Hall-Effekt Thruster Systeme sind anspruchsvoll und erfordern fortschrittliche Technologien, da sie auf präzise Steuerung elektrischer und magnetischer Felder angewiesen sind, um die Ionen zu beschleunigen. Auch die verwendeten Materialien müssen den extremen Bedingungen standhalten. Hexagonales Bornitrid bietet für die hohen Anforderungen in Hochleistungs-Plasmaantrieben die perfekten Voraussetzungen. Aufgrund seiner hohen Widerstandsfähigkeit gegenüber thermischen und mechanischen Belastungen sowie seiner chemischen Inertheit, ist es ideal für den extraterrestrischen Einsatz. Es wird oft als Isolationsmaterial in kritischen Bereichen verwendet, insbesondere dort, wo die Bauteile hohen Temperaturen und starker Erosion durch die ionisierten Gase ausgesetzt sind.
Eine der größten Herausforderungen bei Plasmaantrieben ist eben diese Erosion der Bauteile durch den Beschuss des ionisierten Treibstoffs. Die Ionen können mit extrem hohen Geschwindigkeiten auf die Oberflächen der Antriebskomponenten treffen und diese im Laufe der Zeit abtragen. Diese Abnutzung bedingt die Lebensdauer des Antriebs. Hier zeigt Bornitrid die Fähigkeit im idealen Maße Sekundärelektronen an der Oberfläche zu emittieren, welche dem Kationen-Bombardement der Inertgase ausgesetzt ist. Gerade diese Sekundärelektronenemission, ist eine entscheidende Eigenschaft und trägt zur Stabilisierung des Plasmaantriebs bei und erhöht gleichzeitig die Energieeffizienz. Der Materialabtrag wird minimiert, die Oberflächen vor übermäßigem Schaden geschützt und dadurch die Lebensdauer der Systeme verlängert.
Unsere HeBoSint® Qualitäten vereinen die physikalisch bedeutsamen Eigenschaften und bieten die unerlässlichen Funktionen, die die Lebensdauer und Einsatzfähigkeit der Plasmaantriebe im All erheblich verlängern und gleichzeitig die Wartungskosten für Satelliten verringert.
Als elektrischer Isolator mit einem herausragenden spezifischen elektrischen Widerstand von >1015 Ohm*cm, verhindert HeBoSint® Kurzschlüsse und sorgt für eine sichere Kontrolle des elektrischen Feldes, das zur Beschleunigung der Ionen notwendig ist.
HeBoSint® ist gegenüber aggressiven Umgebungen, die in der Raumfahrt vorkommen können stabil. Es reagiert nicht mit dem Antriebsplasma, da das Material über keine offenen Poren und einer hohen relativen Dichte verfügt. Zudem hat es die Fähigkeit Sekundärelektronen von der Oberfläche zu emittieren, um die Elektronendichte im Antriebsplasma ausbalanciert zu halten. Diese Widerstandsfähigkeit trägt zur Langlebigkeit und Zuverlässigkeit des Antriebs bei.
HeBoSint® hat eine hohe Wärmeleitfähigkeit, die die während des Betriebs entstehende Wärme im Antrieb effizient ableitet, um eine Überhitzung und mögliche Schäden zu vermeiden.
HeBoSint® kann hohen und niedrigen Temperaturen standhalten, was im Vakuum des Weltraums entscheidend ist.
Im Vergleich zu anderen am Markt verfügbaren Qualitäten, die oft über einen SiO2-Anteil verfügen, ist unser Material frei von Siliziumoxid, was die mechanische Stabilität und die thermische Leitfähigkeit erhöht und die Gefahr für Rissbildung minimiert.
Insgesamt sind Plasmaantriebe in der Raumfahrt eine zukunftsweisende und effiziente Antriebstechnologie für Satelliten im Weltraum, die in vielen modernen Raumfahrtmissionen eine Schlüsselrolle spielt.
In der Zukunft der Weltraumfahrt und Satellitentechnologie wird die Bedeutung von Materialien wie hexagonalem Bornitrid weiter steigen. Seine hervorragende Beständigkeit gegenüber den extremen Bedingungen im Weltraum, seine geringe Reaktivität und seine Fähigkeit, als elektrischer Isolator zu dienen, machen es zu einem Material der Wahl für Plasmaantriebe.
Indem Technologien wie der Plasmaantrieb weiter optimiert werden, können effizientere und langlebigere Satelliten entwickelt werden, die langfristige Missionen mit minimalem Treibstoffverbrauch ermöglichen. Bornitrid ist dabei nicht nur ein weiteres Material, sondern eine technologische Lösung, die die Grenze zwischen Science-Fiction und der Realität der Weltraumantriebe immer weiter verschwimmen lässt.
Fragen Sie hierzu unser Vertriebsteam.
Plasma Erosion of Stressed Fused Silica and M26 Borosil, Aaron M. Schinder1, Julian J. Rimoli2, and Mitchell L.R. Walker, Georgia Institute of Technology, Atlanta, AIAAPropulsion and Energy Forum, 2016
Slow crack growth of boron nitrides for electric propulsion components, J. Salem, J. Mackey and H. Kamhawi, NASA Glenn Research Center, Cleveland, Ohio 43nd International Conference and Expo on Advanced Ceramics and Composites, 2019
Plasma-Induced Erosion on Ceramic Wall Structures in Hall-Effect Thrusters, Thomas Burton, Aaron M. Schinder, German Capuano, Julian J. Rimoli, and Mitchell L. R. Walker, Georgia Institute of Technology Atlanta and Gregory B. Thompson University of Alabama, Journal of propulsion and power, 2012
INVESTIGATION OF HALL EFFECT THRUSTER CHANNEL WALL EROSION MECHANISMS, Dissertation, Aaron M. Schinder, 2016