Wie im letzten Blogbeitrag angekündigt wollen wir uns heute mit dem Mann unterhalten, der das neueste Mitglied unserer HeBoSint® STRONG LINE mitentwickelt hat.
Hallo Dominik, schön dass du Zeit gefunden hast heute mit uns über die Entwicklung eines neuen Bornitrid Werkstoffes zu sprechen. Könntest du uns etwas mehr über dich und deine Funktion erzählen?
Hallo, danke dass ich heute etwas über das neue Material erzählen darf. Mein Name ist Dominik Zug und ich bin seit 6 Jahren bei Henze BNP in der Funktion als leitender Entwicklungsingenieur tätig.
Wie kam es denn zu der Idee eigene Werkstoffe zu entwickeln, wie lange hat das gedauert?
Tatsächlich ist diese Idee durch die langjährigen Erfahrungen und die Kundenbeziehungen im Hause Henze über mehrere Jahre gewachsen. Hier zeigte sich in den letzten Jahren, dass es Anwendungen gibt, bei welchen die Eigenschaften der bestehenden Bornitrid-Werkstoffe nicht ausreichend sind. Der eigentliche Startschuss für die Materialentwicklung war bereits im Jahr 2017 als wir im Rahmen eines vom BMWK geförderten ZIM-Projekts sowohl die Materialentwicklung als auch die Entwicklung eines adäquaten Herstellungsprozesses angegangen sind.
Was gibt es denn für Herausforderungen bei so einer Entwicklung? Wer ist da alles involviert? Hast du das allein geschafft? Was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?
Letztendlich hat man es bei solch einer Entwicklung stets mit Zielkonflikten zu tun. So ist die Identifizierung eines wirtschaftlichen Aufbereitungsprozesses, welcher zur bestmöglichen Qualität führt, nur ein Beispiel. Ebenso gibt es natürlich auch technische Zielkonflikte. Hier kann beispielhaft das Verdichtungsverhalten des Werkstoffes, welches meist in Konkurrenz zu dessen späterer thermischen Beständigkeit steht, erwähnt werden. Ebenfalls ist natürlich auch eine möglichst effiziente Bearbeitung zu erreichen, welche naturgemäß vor allem bei weichen, gering verdichteten Werkstoffen höher ist. Ich denke die Beispiele zeigen ganz gut, dass solche Herausforderungen nur im Team gelöst werden können. Die tatkräftige Unterstützung durch externe Entwicklungspartner wie z.B. das Fraunhofer IKTS in Dresden oder auch durch interne Abteilungen wie Produktionsplanung, Produktmanagement oder Kalkulation spielt eine entscheidende Rolle.
Was zeichnet denn nun den neuen Werkstoff aus? Läuft das schon mit der Heißpresse? Bist du stolz?
Ich denke der Werkstoff zeigt ganz gut, was unser Fokus bei Henze ist. Der Werkstoff wurde zusammen mit einem Pilotkunden entwickelt. Ziel hierbei war es, ein optimales Verschleißverhalten im Kontakt mit metallischen Schmelzen zu erzielen. Ebenso zeigen weiterführende Analysen, dass wir mit der gewählten Werkstoffkombination ein sehr hohes elektrisches Isolationsvermögen erzielen, welches im Vergleich zu reinen Bornitrid-Qualitäten vor allem für relativ hohe Festigkeiten erreicht wird. Natürlich haben wir auch mit der Integration der für uns neuen Heißpresstechnologie eine Lernkurve hinter uns bringen müssen. Mittlerweile lässt sich jedoch sagen, dass wir unseren Prozess dank unseren motivierten und technologieoffenen Mitarbeitenden in der Produktion im Griff haben. Sicherlich darf man rückblickend stolz sein, wenn man als Teil eines Teams solch einen Meilenstein in der Firmenhistorie mitbegleiten darf. Trotzdem ist der Blick in die Zukunft der vergleichsweise interessantere.
Ab wann ist das neue Material erhältlich? Was bringt die Zukunft? Darfst du hier schon etwas verraten?
Das Material ist ab sofort erhältlich. Was die Zukunft bringt ist schwer vorherzusagen. Trotzdem haben wir natürlich weitere Materialien im Fokus, welche mit Blick auf das ein oder andere Problem bei unseren Kunden und potenziellen Kunden eine Lösung darstellen können. Wir gehen davon aus, dass wir auf Basis des SL-N 300 auch Rezepturen ableiten können, welche ebenfalls im Bereich des metallischen Gusses Vorteile bieten können. Hier sind Anpassungen mit Blick auf die mechanische Verschleißbeständigkeit oder auch mit Blick auf die Thermoschockbeständigkeit denkbar.
Warum ist die Wahl gerade auf diesen Werkstoff gefallen? Welchen Mehrwert bietet er den Anwendern gegenüber anderen Werkstoffen?
Mit Rücksicht auf die dargestellten Zielkonflikte gehen wir davon aus, dass unser Material die bestmögliche Lösung bietet. Das bedeutet, dass wir eine gute Balance gefunden haben, um dem Kunden ein Bauteil anbieten zu können, welches effizient und formgenau bearbeitet werden kann, ein gutes mechanisches Verschleißverhalten aufweist und dies auch bei hohen Temperaturen und zusätzlicher chemischer Belastung, beispielsweise durch metallische Schmelzen, unter Beweis stellt. Im direkten Vergleich zu anderen Werkstoffen ist von einem geringeren Verunreinigungsgrad des Schmelzgutes auszugehen. Ebenso erlauben die vergleichsweise hohe Festigkeit und das hohe elektrische Isolationsvermögen eine erhöhte Standzeit.
Für welche Anwendungen siehst Du diesen Werkstoff?
Mit Blick auf die zuvor dargestellten Vorteile und den dargestellten Mehrwert ist der Werkstoff bestens geeignet für die Gießereitechnik wie z.B. in verschiedenen Umschmelzprozessen, dem Dünnbandguss oder auch in Teilen im Horizontalstrangguss. Ebenso ist eine Standzeiterhöhung in Beschichtungsanlagen zu erwarten, bei welchen unsere Bauteile als elektrisches Isolationsbauteil, welches optimale Trenneigenschaften gegenüber dem Beschichtungsmaterial aufweist, eingesetzt werden. Für die nicht ersichtlichen Felder freuen wir uns bereits jetzt schon auf die Ceramitec in München. Auf der Messe werden sich sicherlich interessante Gespräche und Ideen entwickeln, welche meist angestoßen durch vorhandene kundenspezifische Probleme, entstehen.