Heißpressen

Heisspresse Henze BNP: Ihr Partner für eigene Werkstoffe

In den vergangenen zwei Jahren haben wir oft von unserer neuen Heißpresse und neuen Werkstoffen berichtet. Aber wie genau funktioniert eigentlich die Herstellung? In diesem Blogbeitrag wollen wir uns explizit mit dem Prozess des Heißpressens beschäftigen.

 

Heißpressen und Sintern

Die Sintertechnik ist ein allgemein bekanntes Verfahren zur Verdichtung von pulverförmigen Werkstoffen unter Zuhilfenahme von hohen Temperaturen. Durch Diffusionsvorgänge kommt es zur Teilchenannäherung, welche in einer zunehmenden Verdichtung des Werkstoffes bzw. Schwindung des Bauteils und einem Abbau von Poren resultiert.

Die Anfänge des Heißpressens liegen bereits mehr als 100 Jahre zurück. Bereits im Jahr 1912 wurde in einem Patentvorschlag beschrieben, pulverförmiges Bor oder andere schmelzbare Stoffe wie z. B Wolfram und hochschmelzende Carbide, im direkten Stromdurchgang derart zu sintern, dass in der Wärme auf die zu sinternde Masse ein Druck ausgeübt wird.[1]

Findet nun dieses Sintern unter hohen Temperaturen und externem mechanischem Druck statt, sprechen wir vom Heißpressen, oft findet der Prozess unter Schutzgasatmosphäre statt.

Alternativ zum Heißpressen, wo es sich beim applizierten Druck um einseitigen oder bidirektionalen handelt, wird beim heißisostatischen Pressen (HIP) ein isostatischer Druck, welcher in der Regel mit Hilfe eines Prozessgases aufgebracht wird, appliziert. So können beispielsweise beim Bornitrid, das durch seine plättchenförmige Struktur anisotrope Eigenschaften aufweist, Sinterkörper mit nahezu isotropen Charakteristika produziert werden.

Kurz gesagt ist für das Heiß- und Heißisostatpressen charakteristisch, dass der Sinterprozess während des Formgebungsprozesses mittels mechanischen Pressens stattfindet.

Der Vorteil des Heißpressens, gegenüber dem drucklosen Sintern, liegt in der höheren erreichbaren Verdichtung und geringeren Porosität des Sinterguts, wodurch homogenere Gefüge mit besserer Performance z.B. Festigkeit, Härte und Verschleißbeständigkeit hergestellt werden können.

Für welche Werkstoffklassen eignet sich nun eher das Sintern oder das Heißpressen?

Metalle wie z.B. Eisen- und Stahlpulver, Kupfer-, Aluminium- und Bronzelegierungen, Edelmetalle und auch Hartmetalle und vor allem technische Keramik wie Aluminiumoxid Al2O3, Siliziumnitrid Si3N4 und Aluminiumnitrid AlN werden gesintert. Folglich Materialien, bei denen die Formgebung unabhängig vom eigentlichen Sintern stattfinden kann. Sintern ist bei technischer Keramik immer notwendig, da die Ausgangsstoffe in Pulverform vorliegen. Bei Metallen ist das Sintern eher ein Sonderverfahren, da diese Werkstoffe eher gegossen und anschließend geschmiedet werden.

Heißgepresst werden typischerweise Werkstoffe, deren Sinteraktivität beim drucklosen Sinterprozess zu gering ist und somit nicht ausreichend verdichten (Borkarbid B4C, Titandiborid TiB2, Bornitird BN ),  Also Materialien, bei denen die Anforderungen an die Eigenschaften höher sind, oder nicht ohne externen Druck herstellbar sind. Durch das Heißpressen können noch höhere Dichten für z.B. auch für die Materialen Siliziumnitrid Si3N4 und Aluminiumnitrid AlN erreicht werden, die sonst über andere Wärmebenhandlungsmethoden (z.B. Gasdrucksintern) hergestellt werden.

 

Was passiert beim Heißpressen?

Pulverherstellung - Pulveraufbereitung - Vorverdichtung - Formgebungsprozess und Sintern

Zunächst bedarf es Ausgangspulver, die speziell aufbereitet werden müssen. Das Mischen und Mahlen ist dabei einer der wichtigsten Prozessschritte, um teils stark unterschiedliche Pulverkomponenten zu einer Pulvermischung mit möglichst statistischer Verteilung zu erzeugen und möglichst feine, sinterfähige Primärpartikel vorliegen zu haben Dieser Prozess beeinflusst die Qualität des resultierenden Sinterkörpers maßgeblich.

Um die beste Qualität zu garantieren, ist eine Charakterisierung der Pulvermischung bzgl. Partikelgrößenverteilung, Fließverhalten, Homogenität oder der Klopfdichte notwendig.

Es folgt der Heißpressprozess. Im Falle unseres hexagonalen Bornitrids muss dieses im ersten Schritt ohne Temperatureinwirkung vorverdichtet werden. Grund hierfür ist die geringe Schüttdichte. Nun beginnt der eigentliche Verdichtungsprozess, welcher die lose Pulverschüttung in einen stabileren Zustand und weniger porösen Körper überführt.

Durch die geringe Schüttdichte ist im vorverdichteten Zustand von einer Porosität von ca. 50 % auszugehen. Um eine Oxidation bei etwa 900 °C während des Heißpressprozesses zu verhindern, wird unter Stickstoff erhitzt.

Das Pressen selbst unterteilt sich in drei Phasen: die Aufheizphase, die isotherme Verweilphase bei der jeweiligen Sintertemperatur sowie der Abkühlphase. All diese Phase laufen streng kontrolliert und nach exakten Temperaturkurven ab.

Die Verdichtung folgt diesem Schema

Im Anschluss an die Abkühlphase folgen die Entformung und Reinigung sowie die erste optische Kontrolle des Sinterkörpers auf Risse oder Auffälligkeiten. 
Bei der anschließenden Qualitätskontrolle werden Charakteristika wie, Dichte offene Porosität, mechanische Festigkeit und elektrische Eigenschaften ermittelt. Darüber hinaus kann das gesinterte Gefüge mittels Rasterelektronenmikroskop und geeigneten Detektoren untersucht werden und somit die Homogenität und die chemische Zusammensetzung des Werkstoffs beurteilt werden. 
Nach der Freigabe können aus diesem Sinterkörper mittels Sägen und gängigen Zerspanungsmethoden HeBoSint® Bauteile für unsere Kunden gefertigt werden. 

 

Anlagentechnologie und Heißpresskapazität

Der Aufbau einer Heißpresse ist komplex und hochspezialisiert. Jede Anlage und deren Komponenten sind dem jeweiligen Verwendungszweck angepasst. Die Auslegung der Heizkammer, des Herzstücks der Heißpresse, sowie des Presswerkzeuges bestehend aus Pressstempel und Matrize sind individuell. Neben diesen Faktoren spielen das Druck- und Temperaturkontrollsystem und das Prozessgas eine entscheidende Rolle für eine erfolgreiche Verdichtung. Die Auslegung erfordert weitreichendes Know-How und langjährige Expertise, um Nichtoxidkeramik mit hoher Qualität herzustellen.
Neben Bornitrid-Keramiken können auch andere Werkstoffe auf der Henze BNP Heißpresse hergestellt werden. Sollten Sie Interesse an unserer Heißpresskapazität haben, prüfen wir Ihre Anfrage gerne individuell. 

 

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie unsere Experten!

Faktencheck Heißpresse:

-    Einzigartiges Wärmerückgewinnungssystem
-    2200°C Maximaltemperatur 
-    Maximale Bauteilhöhe 300mm 
-    Maximale Bauteildurchmesser 470mm
-    Andere Dimensionen für andere Werkstoffe möglich

Quellen:
[1] Dr. Richard Kieffer und Dr. Werner Hotop, Pulvermetallurgie und Sinterwerkstoffe, 2. Auflage S. 139, Springer
[2] Werner SChatt, Klaus-Peter Wieters, Bernd Kieback, Pulvermetallurgie – Technologie und Werkstoffe, 2. Auflage, Springer 
[3] H. Salmang, H. Scholze, Keramik, 7. Auflage, Rainer Telle, S. 313 ff. 
[4] Brevier Technische Keramik (keramverband.de)